Anna Amalia von Weimar by Carolin Philipps

Anna Amalia von Weimar by Carolin Philipps

Autor:Carolin Philipps
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Piper ebooks


1.9. Eifersüchteleyen

»Lotte ist mit dem Herrn Lenz auf dem Land [Kochberg],

um die Gerüchte über ihren Freund [Goethe] zum Schweigen

zu bringen, der nicht wagt, sie zu besuchen«,

berichtete Gräfin Goertz an ihren Mann Anfang Oktober 1776. »Man behauptet, dass dieses Zartgefühl eine Verstimmung der Mutter [Anna Amalia] gegen sie bewirkt habe.«[634] Und einige Tage später: »Man sagt, dass Lotte den gesamten Winter auf dem Land verbringen wird, um die üble Nachrede verstummen zu lassen und um sich die Langeweile zu vertreiben, sie hat Herrn Lenz mitgenommen.«[635] Immer noch gab es Gerede wegen einer möglichen Beziehung zwischen Goethe und Frau von Stein. Aber diesmal ging es auch um Anna Amalia, die zum ersten Mal in den Briefen der Gräfin Goertz als eifersüchtig erwähnt wird. Sie war in diesen Tagen bei der Herzoginmutter eingeladen gewesen, wo sie auch auf »den Favoriten traf, der den Tag hier verbrachte, und ich finde, er ist gefeierter als je zuvor. Sie werden seine Büste als Gegenstück zu jener des Herzogs auf einem Kamin sehen, ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen«.[636] »Man sagt, dass es eine wahre Leidenschaft ist, die die Mutter [Anna Amalia] ergriffen hat, und dass man noch nie so etwas bei ihr gesehen habe . . . Sie kleidet sich wie eine Närrin«.[637]

Bereits einen Tag, nachdem Frau von Stein aus Weimar nach Kochberg abgereist war, fuhr Anna Amalia mit einigen Damen für ein paar Tage hinterher.[638] Der Grund ist nicht bekannt. Vielleicht wollte sie sich mit ihr aussprechen. Da sie nicht gut auf Charlotte von Stein zu sprechen war, würde ein Ausflug nur zum Vergnügen wenig Sinn machen. Viel gebracht zu haben scheint es nicht, denn Gräfin Goertz teilte mit, dass die Herzoginmutter vorzeitig aus Kochberg zurückgekommen sei. »Man behauptet, es gebe eine Abkühlung zwischen ihr und dem Favoriten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es lange andauert, es ist sogar eine Mißhelligkeit zwischen Mutter und Sohn davon zu erwarten.«[639]

Lenz fühlte sich in Kochberg wie im Paradies, er unterrichtete Charlotte in Englisch und gab Goethe im Hochgefühl seiner moralischen Überlegenheit den schriftlichen Rat, sich öfter mit »dem Ehemann der Lady (Frau von Stein) zu treffen. Ich habe das Gefühl, Du wirst mir für diesen Rat noch einmal dankbar sein«. Was Lenz, der natürlich auch den Besuch Anna Amalias in Kochberg miterlebt hatte, noch schreiben wollte, wissen wir nicht. Die entsprechenden Zeilen sind abgerissen worden. Da der Brief in Lenzens Besitz war und in der Stadtbibliothek in Riga gefunden wurde, kann man vermuten, dass Lenz ihn nicht abgeschickt und selbst die Fortsetzung abgerissen hat.[640] Er schreckte wohl doch im letzten Moment davor zurück, sich in einem Brief so offen in Goethes Liebesleben einzumischen.

Am 22. Oktober hielt Goethe es nicht mehr aus und fuhr nach Kochberg, was nun wieder Anna Amalia gar nicht zusagte, wie Gräfin Goertz ihrem Mann vermeldete: »Was sicher ist, ist, dass G. gänzlich mit der Mutter entzweit ist.«[641] Und auch die Beziehung zwischen Anna Amalia und Frau von Stein galt in Weimar als zerrüttet. Oder wie die Gräfin Goertz schrieb: »Frau von S.



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